Bei meiner Rundreise durch Umbrien hat mir das Städtchen Città della Pieve im Nordwesten besonders gut gefallen. Ihr wisst ja: Während viele Urlauber:innen die großen Städte bevorzugen, bin ich eher eine Freundin von kleinen Dörfern.
Hier bin ich voll und ganz auf meine Kosten gekommen!
Zwischen Künstlerseele und mittelalterlichem Zauber
Città della Pieve bietet jede Menge Kunst und Kultur – und gut essen und schön schlafen kann man auch noch; das sind für mich wichtige Kriterien bei meinen Reisen 🙂
Die beste Art, die Stadt zu erkunden
Nehmt euch Zeit, denn dies ist keine Stadt für eilige Besichtigungen. Schlendert durch die Gassen, setzt euch in eines der kleinen Cafés an der Piazza, beobachtet das italienische Leben und lasst die besondere Atmosphäre auf euch wirken.
Città della Pieve hat ihren mittelalterlichen Charme bewahrt und ist noch nicht vom Massentourismus entdeckt. Wir haben nur ganz wenige andere Touristen gehört und auch bei den Autos wenig fremde Kennzeichen gesehen.
Extra-Tipp: Achtet auf das Parksystem oder stellt euer Auto sicherheitshalber etwas außerhalb hin. Die Innenstadt ist nicht groß, also ist es leicht machbar. Beschilderte Parkplätze sind leicht zu finden.
Diese Stadt, die wie ein lebendiges Gemälde wirkt, thront auf einem Hügel zwischen Umbrien und der Toskana und hat nicht nur mich mit ihrer charakteristischen roten Backsteinarchitektur verzaubert. Viele der Gebäude wurden im 13. oder 14. Jahrhundert erbaut!
Mit einem ganz besonderen künstlerischen Erbe habe ich meinen Rundgang begonnen.
Der berühmteste Sohn der Stadt: Pietro Perugino
Ich fand ja die drapierten Kutten der weißen Bruderschaft und die Tragehalterungen aus Leder spannend, aber das absolute Highlight: In der Kapelle Santa Maria dei Bianchi findet ihr sein beeindruckendes Fresko “Anbetung der Heiligen Drei Könige”.
Ein faszinierendes Detail: Die umbrische Landschaft im Hintergrund des Freskos (ca. 7 × 6 m) könnt ihr noch heute von den Stadtmauern aus bewundern – fast unverändert seit über 500 Jahren. Ist das nicht der absolute Wahnsinn!
Doch wenn ihr davor steht, achtet auch auf Frisuren, Schuhe und Kleidung der dargestellten Personen. Selten sieht man so viele unterschiedliche modische Details auf einem einzigen Bild aus dieser Zeit.
Die Kathedrale von Città della Pieve
Der Dom von San Gervasio und Protasio ist von außen betrachtet zwar weniger spektakulär als manche andere, jedoch rate ich euch, UNBEDINGT hineinzugehen und Gemälde, Fresken und die Krypta genau anzusehen.
Die Ursprünge des Gebäudes gehen bereits auf das 4. Jahrhundert zurück, doch wurde quasi ständig, besonders aber im 13. Jahrhundert, aus- und umgebaut. Wie Ihr sehen könnt, ist zwar das Äußere schlicht, aber der Innenraum ist Barock.
Ich fand es drinnen und draußen UND sogar im Untergrund spannend. Es gibt so viel zu entdecken, dass ihr auf jeden Fall ausreichend Zeit einplanen solltet.
Auch wenn nur noch wenige Fresken in der Krypta zu sehen sind – diese sind unglaublich schön und mit Fantasie kann man sich bestimmt die Farbenpracht von damals vorstellen.
Betrachtet vor allem, wie schamhaft Eva sich bedeckt.
Nur wenige Schritte und wir sind beim nächsten Bauwerk, dass von außen betrachtet Understatement pur ist, aber die “inneren Werte” – der Wahnsinn!
Palazzo della Corgna
Diesen prächtigen Renaissancepalast mit beeindruckenden Fresken habe ich tatsächlich staunend mit offenem Mund betrachtet. Ich will euch auch gar nicht zu viel dazu erzählen, sondern einfach eine kleine Bilderauswahl zeigen.
Ihr sollt schließlich selber hinfahren und diese Meisterwerke bestaunen. Moderne Kunst gibt’s dort übrigens auch ausgestellt, falls ihr noch mehr Gründe braucht.
Wenn ihr also solche über 500 Jahre alte “Suchbilder” genauso liebt wie ich, dann werdet ihr dort viel Zeit verbringen.
Ich finde auf den Fotos immer noch neue Details und bin mir sicher, wenn ich wieder dort stehen würde, wäre ich genauso begeistert wie beim ersten Besuch.
Nur noch 3 der weiteren Sehenswürdigkeiten
- Clarissenkloster Monastero di Santa Lucia: ein Ort der Stille
- Chiesa di Sant’Agostino: Beherbergt weitere Werke von Perugino
- Torre del Pubblico: Der ~38 Meter hohe Stadtturm bietet einen atemberaubenden Panoramablick
Durch die malerischen Gassen
Was ich besonders liebe sind romantische Geschichten und hier gibt es eine. Die Stadt ist wie ein Labyrinth aus engen, gewundenen Gassen, die “vicoli” genannt werden. Der engste, der “Vicolo Baciadonne” (zu Deutsch: “Damenkuss-Gasse”), ist an manchen Stellen nur 50 cm breit!
Angeblich haben in den Häusern links und rechts der Gasse ein junger Mann und ein junges Mädchen gewohnt, die verliebt waren. Die Eltern sollen aber gegen die Verbindung gewesen sein und so konnten Sie nicht nur aus den Fenstern lehnend küssen.
Eine weniger romantische Erklärung wurde mir aber auch noch erzählt: Die beiden Familien waren so verfeindet, dass sie nicht einmal die Häuser aneinander bauen wollten, wie sonst in den Innenstädten üblich. Daher wurde diese schmale Gasse belassen.
♥ Mir gefällt definitiv die erste Variante besser ♥
Kulinarische Spezialitäten
Natürlich gibt es hier auch herrlichen umbrischen Wein und erstklassiges Olivenöl.
ABER Città della Pieve ist für seinen Safran bekannt – das “rote Gold” wird hier seit dem Mittelalter angebaut. Im Herbst könnt ihr sogar bei der Safran Ernte dabei sein! Probiert unbedingt die lokale Pasta mit Safransauce.
Wir durften Alessandro Mazzuoli in seinem Safran-Geschäft besuchen.
Er hat uns einiges über den Anbau und die Ernte erzählt, aber am beeindruckendsten fand ich eigentlich das Geschäft an sich.
Fällt euch auf wie gut der Safran Liqueur zu “Verliebt in Italien” passen würde? Vielleicht besuche ich sogar eines Tages seinen Betrieb und kann euch dann mehr über den Anbau und die Produktion der unterschiedlichen Produkte berichten…
Alessandro ist Förderer und Manager des Konsortiums zum Schutz und zur Förderung von „Il Croco di Pietro Perugino – Zafferano di Città della Pieve“, dessen Präsident er derzeit ist.
Wenn wir schon bei Kulinarik sind: Natürlich haben wir auch zu Abend gegessen.
Bistrot del Duca
Seit nunmehr 15 Jahren könnt ihr euch hier ganzjährig Mittag und Abends verwöhnen lassen, wobei meist am Mittwoch (Ruhetag) geschlossen bleibt.
Es gibt eine kleine, aber feine Karte, die hauptsächlich von Einheimischen, aber auch von Touristen geschätzt wird, wenn sie das Lokal denn finden. Zu finden ist es nämlich erst, wenn man durch einen Torbogen geht, der nicht immer gut beleuchtet ist. Dafür ist es aber ruhig und gemütlich.
Übernachtungstipps
Geschlafen haben wir übrigens im Hotel Vannucci – doch darüber habe ich euch schon berichtet.
Alternativ findet ihr in der Altstadt charmante B&Bs in historischen Gebäuden. Wer es luxuriöser mag, kann in einem der zauberhaften Agriturismi in der Umgebung übernachten, die mit Pool und Panoramablick über die umbrische Hügellandschaft locken.
Wir haben so viele reizvolle Möglichkeiten in und um Città della Pieve entdeckt, dass ich hier gar nicht alles aufzählen kann. Die Preise haben mit oft sehr positiv überrascht!
Anreise und beste Reisezeit
Falls ihr euch beim Lesen jetzt denkt, da will ich hin, dann ist auch das noch interessant für euch. Die Stadt erreicht ihr am besten mit dem Auto – sie liegt +/- 145 km nördlich von Rom und südlich von Florenz, direkt an der Grenze zur Toskana.
Bei allen Städten und Dörfern in Umbrien würde ich das Auto bevorzugen, denn von A nach B ist auch so viel zu entdecken, dass ihr echt etwas versäumen würdet, wenn ihr nicht mobil seid.
Die schönste Zeit für einen Besuch ist für mich immer der späte Frühling, weil alles grünt und blüht. Aber hier wäre der Spätsommer oder Frühherbst auch eine gute Option. Ein besonderes Highlight ist das historische Fest “Palio dei Terzieri” Ende August, bei dem die verschiedenen Stadtteile in mittelalterlichen Kostümen gegeneinander antreten.
Città della Pieve ist Mitglied von Città Slow – eine 1999 in Italien ins Leben gerufene Bewegung, die darauf hinarbeitet, Städte und Gemeinden durch ein entschleunigtes Tempo und gesteigerte Lebensqualität lebenswerter zu machen.
Lasst mich noch mit ein paar praktischen Tipps abschließen:
- Die Tourist-Information (Piazza G. Matteotti – Tel. +390578298840) bietet viele verschiedene & informative Stadtführungen an
- Viele Geschäfte machen mittags Siesta – plant eure Besichtigungen entsprechend
- Für Peruginos Fresken solltet ihr mindestens eine Stunde einplanen
- Tragt bequeme Schuhe – das Kopfsteinpflaster und die Steigungen können echt anstrengend sein
Ein malerisches Juwel in Umbrien
Ich kann es nur betonen: Città della Pieve ist ein Ort, an dem die Zeit stehen geblieben scheint. Zwischen Kunstgeschichte, mittelalterlicher Architektur und lebendiger Tradition findet ihr hier das authentische Italien.
Selbst wenn ihr “nur” spazieren gehen wollt: Überall seht ihr die charakteristischen roten Backsteine, die der Stadt ihre warme Färbung geben. Das alleine ist wie eine Zeitreise.
Doch besonders für Kunstliebhaber ist die Stadt ein absolutes Muss – wo sonst kann man so vieleWerke eines einzigen Renaissance- Meisters in ihrer ursprünglichen Umgebung bewundern?
Mein allerletzter Tipp:
Bei Sonnenuntergang solltet ihr unbedingt zur Stadtmauer spazieren – der Blick über das Val di Chiana bis zum Trasimeno-See ist unbezahlbar! Vielleicht bringt euch das auch auf die Idee, für einen Ausflug …
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Ich hatte bei diesem Stadt-Spaziergang professionelle Begleitung. Darum kann ich euch viele Geschichten wiedergeben, die ich sonst vermutlich nie recherchiert hätte. Zum Abendessen im Bistrot del Duca waren wir eingeladen. Danke für beides – Grazie!