Gemona del Friuli

Eine Gemeinde an den Julischen Voralpen

Unmittelbar nach dem letzten Autobahn-Tunnel im Kanaltal nördlich von Udine schmiegt sich auf der linken Seite, entlang des Ausläufers vom Monte Chiampon, die kleine Gemeinde Gemona del Friuli. Besonders der mittelalterliche Ortskern ist einen Besuch wert. Neben dem Patriarchen von Aquileia hatte auch Venedig die Herrschaft über dieses Gebiet.

Als in Gemona die Erde bebte…

Den älteren von uns sind nicht die historischen Fakten, sondern das Erdbeben von 1976 noch lebhaft in Erinnerung, das neben Venzone besonders in Gemona del Friuli schwere Schäden hinterlassen hat.

Hier war das Epizentrum des Bebens, bei dem 70 % der Gebäude zerstört wurden. Eine Multimedia Ausstellung unweit vom Dom erinnert daran.

Dass der Ort heute wieder so originalgetreu wie möglich aufgebaut wurde, liegt hauptsächlich an den Einwohnern selbst.

Fast eintausend (!) Menschen verloren während mehreren Beben ihr Leben; ein hoher Prozentsatz, leben doch nur 11.000 Menschen hier.

Die Besichtigung des Centro Storico beginnt am besten in der Gegend des sehenswerten Doms, in der Nähe der Porta Udine. Nur etwas mehr als 100 Meter entfernt vom Dom zur Heiligen Maria Himmelfahrt gibt es gratis Parkmöglichkeiten.

Wer übrigens von der Reise erschöpft ist und eine Kleinigkeit zu Essen, etwas zu trinken oder ein WC wird direkt beim Parkplatz in einem einfachen Pub fündig. Einen tollen Blick zum Castello gibt es obendrein!

Duomo Santa Maria Assunta

Die dreischiffige Basilika aus dem 12. Jahrhundert wurde wie so viele Gebäude beim Beben schwer beschädigt, doch seit einigen Jahren erstrahlt sie wieder im alten Glanz und sollte alleine schon der Fassade wegen besucht werden.

Die Rosette und Galerie der Könige direkt über dem Eingang sind beeindruckend.

Noch mehr aber fasziniert der sieben Meter hohe Christophorus, der die rechte Eingangsseite dominiert. Dieser Heilige gilt als der Schutzpatron der Reisenden. Damit war er immer schon einer meiner Favoriten (neben dem Hl. Antonius von Padua und dem Hl. Franz von Assisi).

Doch schon bevor man den Kirchhof betritt, gibt es sehenswerte Details wie die beiden Stützen in Form von männlichen Gestalten. Die beiden Telamons (= römische Bezeichnung, ähnlich wie griechischen Atlanten) tragen je einen Obelisken.

Besonders reizvoll finde ich auch das römische Stein-Porträt eines Paares am äußeren Teil der Mauer rund um den Domgarten.

Der Campanile (Glockenturm) ist an 50 Metern hoch. Ihr seht ihn gut am 1. Beitragsbild!

Auch er wurde beim Erdbeben zerstört und teilweise mit Originalsteinen wieder aufgebaut. Man sieht die Unterschiede im Material. Nicht übersehen sollte man die Wappen an der Mauer, die aus der Zeit der ursprünglichen Errichtung stammen. In der Vorweihnachtszeit ist dort eine kleine Krippe aufgebaut, was den Kirchengarten noch reizvoller macht.

Wer wie ich neugierig ist, kann auch hinter die Kirche gehen und wird mit einem Blick auf einen schönen Garten und den tollen Bergmassiv belohnt.

Natürlich solltet ihr auch in die Kirche hineingehen!

Im Gegensatz zu sehr vielen anderen sind in Gemona die Öffnungszeiten klar kommuniziert.

Dass man sich trotzdem (besonders in Zeiten wie diesen) nicht zu 100 % darauf verlassen kann, hat aber an verschiedenen Orten bereits meine Erfahrung gezeigt.

Also erkundigt euch lieber (auch für die Museen) bei den sehr netten und hilfsbereiten MitarbeiterInnen in der Touristen Information.

Im Pfarrhaus in unmittelbarer Umgebung wird der Domschatz aufbewahrt (Museo della Pieve). Hier befindet sich auch das älteste Taufbuch der Welt aus dem 14. Jahrhundert. Das Museum kann an Sonn- und Feiertagen gratis besucht werden.

Via Giuseppe Bini

Weiter geht es auf der Via Bini Richtung Ortszentrum, vorbei am Museo Civico im Palazzo Elti. Hier finden unter anderem Multi-Media-Vorführungen statt, die den Wiederaufbau zeigen. Die mittelalterliche Straße selbst ist schon den Spaziergang wert, denn unter den für die Region typischen Arkaden befinden sich Fresken und andere ansprechende Details aus verschiedenen Epochen. Mehrere sehenswerte Palazzi sind entlang dieser Straße gebaut, wobei viele privat sind.

Spätestens wenn man diese Straße entlang gegangen ist, wird klar, warum Gemona eines der traditionellsten und schönsten Dörfer in Friaul-Julisch Venetien ist.

Palazzo Comunale di Boton

Das Rathaus stammt aus der Renaissance und wurde nach venezianischem Vorbild um 1500 entworfen.

Ein genauerer Blick lohnt sich, denn es sind Inschriften und römische Reliefs in die Fassade eingearbeitet sowie Wappen von berühmten Adelsfamilien aus späteren Epochen.

Das wiedererstandene Castello di Gemona

Wem der Aufstieg zur Burg am Hügel mitten im Ortszentrum nicht zu anstrengend ist, wird mit einem unglaublichen Ausblick auf die Dächer von Gemona, aber auch weit ins Land hinein belohnt.

Dieser Panoramablick ist definitiv die Mühe wert! Die schroffen Berge der julischen und karnischen Alpen säumen die Aussicht wie ein Bilderrahmen.

Seit den Kelten sind hier verschiedene Bauabschnitte belegt, was kein Wunder ist, denn die im Tal vorbeiführende Straße wurde durch die Jahrhunderte hinweg immer wieder von diesem Punkt aus beobachtet und bewacht.

Zu den besten Zeiten um 1400 waren 3 Türme, das Hauptgebäude des mittelalterlichen Palastes sowie einige Nebengebäude zu sehen. Auch von der Stadtmauer sind an vielen Stellen noch beeindruckende Reste vorhanden.

Leider hat auch bei der Burg das Erdbeben sehr viel zerstört, was aber in den letzten Jahren zumindest teilweise wiederaufgebaut wurde. Die Bauarbeiten dauern aber immer noch an…

Mittelalterfest im Sommer

Für alle, die historische Feste lieben, ist Ende Juli/Anfang August der richtige Zeitpunkt, um Gemona del Friuli zu besuchen. Unzählige bunt kostümierte Laiendarsteller entführen die Besucher einige Tage lang ins Mittelalter. Musik und Tanz, Speis und Trank und vieles mehr ist zu sehen.

Was gibt es sonst noch zu sehen in Gemona?

Ich empfehle in Gemona einfach das Auto abzustellen und die Altstadt als Gesamtheit auf sich wirken zu lassen. Seht in den Arkaden auch mal nach oben; ebenso bei den Fassaden – richtet euren Blick bis zum Dach hinauf. Ihr werdet immer wieder auf kleine Details stoßen!

Es gibt auch mehrere Kirchen, die mir besonders (aber nicht nur) in der Adventszeit gefallen haben.

In keinem Dorf der Gegend habe ich so viele unterschiedliche Krippen bemerkt und wenn ihr euch erinnert, ich bin extra kreuz und quer durch Friaul gefahren, um Krippen und ähnliches im Advent zu entdecken. In meinem Artikel “Vorweihnachtliche Krippen Tour im Friaul” darüber könnt ihr auch Bilder von Gemona entdecken.

Was lohnt sich in der Umgebung?

  • Artegna – restauriertes Kastell (Il Castelletto), in dem man eine friulanische Jause bekommen kann.
  • Festung von Osoppo – Reste von Verteidigungsanlagen aus unterschiedlichen Perioden. Tolle Aussicht!
  • Colloredo di Monte Albano – allein die Anfahrt ist einen kleinen Umweg wert.
  • San Daniele – die Schinkenstadt lohnt auf jeden Fall.

Habe ich euer Interesse geweckt?

Besonders schön ist Gemona del Friuli am späten Nachmittag, wenn die Abendsonne den Berghang beleuchtet und nach und nach die Lichter in den Häusern eingeschalten werden. Dann empfiehlt es sich, mit einigem Abstand auf den Ort zu blicken und die Stimmung einfach zu genießen.

Tanti Saluti

Elena


Offenlegung:

Dieser Artikel entstand nach wirklich sehr vielen selbst bezahlten Spaziergängen durch Gemona del Friuli.


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8 Comments

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    1. says: Elena

      Ja, ich fahre auch immer wieder gern hin und der Christophorus an der Kirche fasziniert mich ganz besonders.
      Liebe Grüße
      Elena

  1. says: Christine Schwaiger

    Liebe Elena,

    wie wahrscheinlich viele andere bin ich durch Zufall auf Ihre Seite gestoßen, auf der ich schon manche Anrgegungen und Tipps für den nächsten Aufenthalt gefunden habe. Auch mein Mann und ich praktizieren seit Jahren das Prinzip “Mikrotourismus”.

    Als kleines Dankeschön möchte ich Sie, wenn Sie erlauben, auf zwei Seiten aufmerksam machen

    1) https://art.nouveau.world/
    2) http://www.artefascista.it/ …. keine Angst, das schaut zwar auf den ersten Blick gefährlich aus, zeigt aber nur interessante Architektur aus dieser Zeit (1922-1945), ohne die politische Richtung zu verherrlichen.

    Mit herzlichen Grüßen – und fast schon am Sprung (am Mittwoch geht’s los) nach Palmanova

    Christine

    1. says: Elena

      Liebe Christine,
      das sind in der Tat 2 interessante Seiten, die ich mir demnächst genauer ansehen werde. Ich habe schon beim Lesen der letzten beiden Triest-Bücher viel über die Architektur dieser Zeit gelernt. Die Ideologie mag falsch gewesen sein, aber manche Bauwerke sind es definitiv nicht.
      Herzliche Grüße und eine schöne Zeit in Palmanova, das ich auch im kommenden Oktober wieder besuchen werde.
      Elena

    1. says: Elena

      Danke, lieber Wolfgang, für die netten Worte.
      Wir alle hoffen, dass wir bald wieder ohne Einschränkungen einfach reisen dürfen.
      Herzliche Grüße
      Elena