Auf gutes Einvernehmen mit der Polizei

Regeln im Straßenverkehr in Italien

Ich habe euch bereits über Essen und Trinken berichtet und auch einiges, das mir im Alltag aufgefallen ist. Heute wenden wir uns nun der Polizei und den Straßen zu.

Lasst euch nicht verwirren von den unterschiedlichsten Bezeichnungen der Ordnungshüter! Es gibt die

Polizia Locale (früher Municipale, auch Comunale)

Diese sind für innerorts zuständig und deine 1. Anlaufstelle, falls es Probleme gibt. Die Diensthabenden unterstehen dem Bürgermeister.

Polizia di Stato

untersteht dem Innenministerium. Sie ist in größeren Städten tätig. Die Bezeichnung Questura habt ihr sicher schon gehört und dort ist diese Abteilung zu finden. Die Polizia Stradale ist eine Untergruppe, die du sicher mit unterschiedlichsten Fahrzeugen schon öfter gesehen hast.

Carabinieri

diese Abteilung ist in den Provinzen unterwegs und untersteht dem Militär.

Das italienische Heer (Esercito Italiano) ist auch immer wieder in den Innenstädten zu sehen, wenn es um die Erhaltung der Sicherheit geht.

Guardia di Finanza, Capitaneria di Porto und die Corpo Forestale del Stato

sind weitere Abteilungen, die –  wie die Namen schon verraten – für die Finanzen, den Hafen bzw. die Gewässer sowie die Wälder (untersteht dem Landwirtschaftsministerium) zuständig sind. Letztere bestehen jedoch nur mehr in den autonomen Regionen Italiens.

Dann gäbe es da noch die Polizia Penitenziaria – was der Justizwache entspricht und hoffentlich nie jemand von euch brauchen wird.

Nur der guten Ordnung halber: im Zweifel haben die Uniformierten recht, aber ich selbst habe schon Diskussionen geführt, wenn ich dachte, dass ich ganz sicher eine Übertretung NICHT getan habe.

Grundsätzlich ist mir aufgefallen, dass (wie bei uns auch) mit Respekt und höflichen Verhalten die Chancen am größten sind, mit einer Verwarnung davonzukommen. Bei Kontrollen ist die Polizei übrigens klar an Auto, Uniform und beleuchteter Kelle zu erkennen. Also auch wenn du als Frau in der Nacht alleine unterwegs bist, bleib lieber stehen.

Doch gehen wir nun in medias res:

  • Auf der Autobahn habt ihr sicher schon gesehen, dass 110 km/h bei Regen vorgeschrieben sind. Mir stellte sich die Frage: Was gilt als Regen? Jeder Tropfen? Eine nasse Straße? Oder wenn es schüttet wie in der Dusche? Fakt ist, dass bereits ganz leichter Regen als Regen gilt und im Zweifel sollte man die Geschwindigkeit anpassen.
  • Eine Rettungsgasse ist in Italien leider noch nicht Vorschrift, also achtet darauf, wie sich die anderen verhalten. Ist der Pannenstreifen breit genug, ist es üblich, dass die Rettung hier am Stau vorbei fährt.
  • Relativ neu sind vor allem im Kanaltal (→Udine) auf der Autobahn Geschwindigkeitsbeschränkungen vor Tunneln, jedoch nicht bei allen. Außerdem gibt es Verkehrszeichen, die 100 m Abstand zwischen den Autos vorschreiben.
  • Das Tutor-System (Section Control) zur Messung der Geschwindigkeit gibt es nicht nur auf Autobahnen. Auch außerorts werden Fotos auf Straßen gemacht und abgeglichen! Generell gibt es sehr viele unterschiedliche Geräte zur Radarmessung und in manchen Ortschaften gefühlt alle paar hundert Meter…
  • Dass fast alle Autobahnen in Italien gebührenpflichtig sind, wisst ihr sicher. Aufzupassen gilt es wenn der Zahlvorgang nicht funktioniert. Dann einen Mitarbeiter mittels rotem Knopf rufen und NICHT aussteigen. Man bekommt einen Beleg mit, den man bei der nächsten „Punto blu“-Station oder innerhalb von 15 Tagen daheim bezahlen kann. Falls das Problem bei dem Auto vor dir auftritt, bitte NICHT zurückschieben! Das ist verboten und wird mit hohen Strafen oder sogar einem Fahrverbot geahndet.
  • Verlieren solltet ihr das Ticket nicht, denn sonst wird die maximale Gebühr fällig und das ist nicht wenig.
  • Es kann auch vorkommen, dass der Schranken offen ist (mir selber schon passiert). Der ÖAMTC empfiehlt, sicherheitshalber trotzdem ein Ticket zu ziehen, denn lieber hast du eines und brauchst es nicht als umgekehrt!

Parkplatz Suche leicht gemacht

Beim Parken nie nur auf die Beschilderung achten, sondern auch auf den Boden schauen:

  • Weiß = kostenlos,
  • Blau = gebührenpflichtig (unterschiedliche Systeme der Bezahlung = Automat oder Parkscheine in Geschäften bzw. Trafik kaufen). Achtung: manchmal muss man das Kennzeichen oder die Nummer des Stellplatzes eingeben.
  • Rosa = für schwangere Frauen oder Frauen mit kleinen Kindern,
  • Gelb = Parkverbot (Behindertenparkplatz, Ladezone, Mülltonnen Platz, …).

Auch wenn es oft aussieht, als wäre es egal, wo und wie man parkt, als Gäste des Landes stellt euch bitte gerade in die Parklinien und keinesfalls auf den Radweg.

Straßen im innerstädtischen Bereich

ZTL “zona traffico limitato” – ein für mich sehr negativ behaftetes Thema. Die Sache an sich kann ich verstehen: NICHT in verkehrsberuhigte Zonen fahren. Was ich jedoch NICHT verstehen kann ist, dass manchmal die Schilder dermaßen überraschend auftauchen, dass man im dichten Verkehr nicht mehr anders fahren KANN.

Stellt euch nur eine Schlange hupender Italiener hinter euch vor. Noch bitterer ist es allerdings, dass man bei dieser Übertretung 2x Strafe zahlen muss: beim Hineinfahren und beim Hinausfahren 🙁

Noch mehr Rechtliches auf italienischen Straßen

  • Übrigens: Der Führerschein ist kein gültiges Reisedokument! Also Pass/Personalausweis mitnehmen, auch wenn der Reisepass bis zu 5 Jahre abgelaufen sein kann. Besser jedoch, wenn auch der Pass noch gültig ist.Autos
  • Die grüne Versicherungskarte habt ihr hoffentlich alle mit; wenn’s kracht, unbedingt einen Unfallbericht ausfüllen, auch wenn der Unfallgegner meint, es sei nicht nötig.
  • Ist eure §57a-Plakette noch gültig?
  • Falls man nicht selber Halter des Autos ist, benötigte man früher eine DELEGA – sprich eine schriftliche Benützungsbewilligung des Besitzers. Heute ist das laut meinem letzten Besuch in einer Polizeistation nicht mehr so, doch wenn ihr wie ich auf “Nummer sicher” gehen wollt, so gibt’s gleich hier einen passenden Download: delega
  • Leider sehr oft (aber natürlich nicht generell) zu beobachten: sobald Italiener im Auto sind, ist Schluss mit charmant. Die Betätigung der Lichthupe ist (anders als bei uns) kein höflicher Verzicht auf Vorrang. Ganz im Gegenteil: Lichthupe bedeutet Warnung – jetzt fahre ich! Im Zweifel immer lieber defensiv fahren.

Bitte nie mit Alkohol ans Steuer

  • Alkoholisiert Autofahren ist nie gut! 0,5 ‰ gilt für Autos, 0,0 ‰ für LKWs und Führerschein-Neulinge in den ersten 3 Jahren. Dabei ist das Alter des Fahrers irrelevant; es gilt das Datum der Ausstellung! Hat man betrunken einen Unfall, verdoppelt sich die Strafe. Also: noch mehr als bei uns – Don’t drink and drive!
  • Alkoholtests können an Ort und Stelle gemacht werden, was in Fall eines Unfalls obligatorisch ist.

Die Strafe ist übrigens ab 1,5‰ richtig, richtig hoch und es kann das Auto konfisziert werden. Jaaa, das gibt es wirklich! Achtung:alle Strafen sind zwischen 22 und 7 Uhr um 30 % höher.

Führerschein-Anfänger (Kat. B) dürfen übrigens innerhalb der ersten 3 Jahre auf Autobahnen nur 100 km/h, auf Schnellstraßen nur 90 km/h fahren.

  • Bestimmt habt ihr auch schon Verkehrszeichen mit 30, 20 oder sogar 10 km/h gesehen. Selten steht danach ein „Ende“ Schild. Noch nie habe ich erlebt, dass tatsächlich so langsam gefahren wird. Oft sehe ich diese Verkehrszeichen bei Baustellen, an denen aber nicht immer gearbeitet wird. Ich werde natürlich langsamer, aber mit Bedacht und passe mich den anderen Autos an. Wie ein italienischer Freund einmal zu mir sagte: „Du willst doch nicht, dass dir hinten einer auffährt…“

Auch Kleinigkeiten können teuer werden

  • Gurtpflicht auf allen Straßen gilt auch auf den Rücksitzen!
  • Beachtet, dass es ein Rauchverbot in Autos gibt, sobald eine Schwangere oder Minderjährige mitfahren.
  • Man muss in Italien nur Warnweste und das Pannendreieck dabei haben – nichts anderes ist verpflichtend.
  • Serienmäßig eingestellte Tagfahrlichter reichen außerorts und im Stadtzentrum ist gar kein Licht verpflichtend (außer für Mopeds und Motorräder).
  • Bei einem Zebrastreifen muss angehalten werden, auch wenn ich das sehr, sehr, sehr selten beobachte!
  • Fahrräder sollten beleuchtet fahren, sobald es dunkel wird. Dass das nicht sehr oft der Fall ist, werden sicher fast alle von euch schon mehrfach gesehen haben. Derzeit wird noch nicht gestraft bei Übertretungen, aber es kann jederzeit damit begonnen werden. Helmpflicht besteht bei Fahrrädern übrigens nicht (bei motorisierten Zweirädern natürlich schon).

  • Als Ausländer sollte man im Zweifel bei einem Unfall lieber die Polizei rufen; dann hat man später für die Versicherung hieb- & stichfeste Unterlagen in der Hand. Die kostenlose Telefonnummer 112 gilt in der ganzen EU. 113  = die Polizei (Polizia di Stato in den Städten oder Verkehrspolizei) – das funktioniert auch!
  • Falls sich der Unfallverursacher (und als Unfall gelten auch Kleinschäden wie eine Delle durch eine angeschlagene Autotüre) nicht aufhalten lässt, kann man zumindest das Kennzeichen und das Auto fotografieren und bei der nächsten Polizeistation zur Anzeige bringen. Das reicht vielleicht nicht, um den Schaden ersetzt zu bekommen, aber der Verursacher bekommt mächtig Ärger (+Strafe) wegen Fahrerflucht.

 

  • Taschendiebstahl sowie Autoeinbrüche kommen leider immer wieder vor, also achtet auf eure Sachen und lasst nichts sichtbar im Auto liegen. Sollte es aber dennoch passieren, bitte umgehend zur nächsten Polizeistation. Mit der italienischen Anzeige MUSS man binnen weniger Tage dann in Österreich zur Polizei gehen und erneut eine komplette Niederschrift machen.
  • Nur mit der österreichischen Polizeischrift kann man sich dann für 4 Wochen ausweisen bzw. gilt es als Lenkerberechtigung! Ohne die österreichische Polizeischrift kann man auch keinen neuen Reisepass etc. beantragen! Zusatztipp: Unbedingt auch bei der jeweiligen Versicherung nachfragen, was die im Fall des Falles an Unterlagen und/oder Fotos verlangen.

Achtung auf den Straßen im Winter

  • Eine relativ schwierige Sache ist die Winterreifen Pflicht! Die ist nämlich je nach Region, sowie innerorts oder am Land unterschiedlich. Wie ihr euch vorstellen könnt, ist hier ein Nord-Süd-Gefälle; also je weiter nördlich, desto wichtiger werden die Reifen. Achtet also von 15.11.-15.04. (im Friaul) auf die blauen Schilder! Der Zeitraum der Gültigkeit kann in anderen Regionen abweichen.

Die Tatsache, dass diese Regel nicht gilt, wenn KEINE winterlichen Fahrverhältnisse herrschen, würde ich persönlich nicht ausreizen. Auf der Brennerautobahn (A22) sind in dem Zeitraum auf jeden Fall Winterreifen verpflichtend und nicht situativ! Im Aosta-Tal gilt die Regelung sogar schon ab Mitte Oktober! Lest bitte beim ÖAMTC mehr darüber.

  • Motorräder dürfen in Südtirol bei winterlichen Verhältnissen und beginnendem Schneefall generell nicht fahren!
  • Die vorgeschriebene Mindestprofiltiefe ist 1,5 mm.

 

  • Seit Anfang 2019 gibt es die “60 Tage Regel”, nach der man sein Auto auf ein italienisches Kennzeichen ummelden muss. Man darf in dem Fall auch kein anderes ausländisches Auto lenken! Achtung: auch Italiener dürfen kein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen lenken. Leasing- oder Mietfahrzeuge sind davon ausgenommen. Dies gilt jedoch NICHT für Urlauber – auch nicht für die Glücklichen, die sich einen Langzeitaufenthalt gönnen können. Es gilt ausschließlich, wenn man den Wohnsitz nach Italien verlegt hat und hier polizeilich gemeldet ist. Den österreichischen Meldezettel zu fotografieren kann nicht schaden, denn dann hat man einen Beweis.

Wie schon bei meinen beiden Artikeln über Tabus und No-Gos beschrieben, ist auch dieser Artikel eine reine Information. Eine Sammlung von Dingen, die mir aufgefallen sind bzw. mir mitgeteilt worden sind. Wie daheim auch, wird sich bestimmt nicht jeder daran halten, aber vielleicht sind auch Informationen dabei, die ihr noch nicht wusstet.

Dieser Artikel ist weder eine Rechtsberatung noch übernehme ich irgendeine Haftung! Alle genannten Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Sollte ich mich aber in Details geirrt haben und ihr wisst das besser, dann schreibt mir bitte eine Nachricht an info [at] verliebt-in-italien [dot] at und ich ändere es ehest möglich.

Ich wünsche euch allzeit gute Fahrt und falls doch einmal etwas sein sollte: mir hat bisher der ÖAMTC immer geholfen, wenngleich man mit dem italienischen Pendant ACI Geduld braucht…

Tanti Saluti

Elena


Offenlegung:

Dies ist ein rein redaktioneller Artikel! An dieser Stelle bedanke ich mich herzlich für alle ergänzenden Informationen, die ich bei der Polizia Locale in Lignano-Sabbiadoro bekommen habe. Grazie!


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4 Comments

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    1. says: Elena

      Lieber Franco,
      warum sollte die Polizei nicht alle Autos kontrollieren dürfen – egal woher? Für genauere Informationen wenden Sie sich bitte an eine örtliche Polizei Dienststelle oder an einen Automobilclub.
      Viele Grüße und immer sichere Fahrt
      Elena

  1. says: Gerd Hereth

    Ich möchte demnächst nach Südtirol und die E-Bikes mitnehmen, Welche und wieviel Warntafeln brauche ich. Die Fahrräder sin auf einem Heckträger.

    1. says: Elena

      Lieber Gerd,
      ich bin nicht die richtige Ansprechperson für rechtliche Auskünfte. Bitte unbedingt beim ADAC/ÖAMTC nachfragen.
      Gute Reise
      Elena