Ein unvergesslicher Roadtrip durch kleine Städte und Natur
Wenn du mal eine Reise durch Italien machen willst, aber die Mautstraßen umgehen möchtest, dann habe ich eine fantastische Route für dich. Von Tarvis, ganz oben im Friaul, bis nach Amelia im Süden von Umbrien, also einen Roadtrip durch halb Italien – und zwar gemütlich, abseits der Autostrada. Klingt gut? Dann pack gedanklich deine Sachen, steig in mein Auto und begleite mich!
Start in Tarvis: Berge, Kaffee und ein Hauch von Slowenien
Deine Reise beginnt in Tarvis (oder Tarvisio), einem Städtchen direkt an der Grenze zu Österreich und Slowenien. Hier treffen drei Kulturen aufeinander – italienische Gelassenheit, österreichischer Charme und slowenische Herzlichkeit.
Mach am besten einen kurzen Spaziergang durch den Ort, trink einen Caffè, und wenn du Zeit hast, schau durch die Geschäfte. Manche mögen auch den überdachten Markt, doch ich gestehe, dort bin ich schon ewig nicht mehr gewesen. Falls du möglichst schnell in den Süden kommen magst, dann bleibe auf der SS13.
Falls du lieber Natur magst und einem kleinen Umweg nicht abgeneigt bist, besuche den Raibler-See (“Lagho del Predil”). Das kristallklare Wasser mit den umliegenden Bergen ist der perfekte Start in deinen Roadtrip.
Es sind dort zwar seit einiger Zeit kaum mehr gratis Parkplätze; andererseits ist es nicht allzu teuer, durch die Schranken zu fahren. Solltest du aber an einem heißen Tag unterwegs sein, dann rate ich dir, relativ früh loszufahren.
Von hier aus geht es wieder auf die Landstraße SS13 in Richtung Lignano. Die Strecke führt dich durch das Friaul-Julisch Venetien, eine Region voller Weinberge, kleiner Dörfer und entspannter Atmosphäre.
Halte die Augen offen für kleine Trattorien – hier bekommst du oft die besten regionalen Spezialitäten wie Frico (gebackenen Käse) oder Gerichte mit Prosciutto di San Daniele.
Lignano: Strandfeeling und Lagunen
Nach +/- 2,5 Stunden Fahrt und ca. 150 km (ohne Ausflug in die Berge berechnet) erreichst du Lignano Sabbiadoro. Klar, das ist einer der bekanntesten Badeorte Italiens, aber außerhalb der Hochsaison ist es hier herrlich ruhig. Aufmerksame Leser:innen wissen, dass ich das wirklich beurteilen kann, denn seit über 30 Jahren verbringe ich einen guten Teil des Jahres in meiner 2. Heimat und das zu jeder Jahreszeit.
Hier ist es perfekt, um kurz die Füße ins Meer zu halten oder bei einem Glas Aperol-Spritz oder Vino auf der Promenade zu entspannen.
Wenn du Lust auf Natur hast, kannst du einen Abstecher ins nahegelegene Naturschutzgebiet „Riserva Naturale Foci dello Stella“ in der Nähe von Marano Lagunare machen. Dort kannst du, je nach Jahreszeit, Bootstouren durch die Lagunenlandschaft unternehmen und Vögel beobachten oder einfach das Meer und die Inseln genießen.
Mesola: Ein Schloss, ein Wald und viel Geschichte
Von Lignano fährst du weiter Richtung Mesola, weitere 2,5 Stunden und ca. 170 km. Diese Strecke ist ruhig und führt dich durch das Po-Delta – eine der beeindruckendsten Flusslandschaften Italiens. Solltest du wirklich ausreichend Zeit haben, dann ist natürlich Venedig und sogar die Stadt Mestre eine Pause wert.
Bei nicht ganz soviel Zeit extra, mach den Abstecher ins Po-Delta, denn diese Landschaft ist zwar ruhig (bis auf zu viele Radfahrer, meiner Meinung nach), aber sie ist besonders.
Vögel beobachten geht übrigens auch hier und wenn du ganz viel Glück hast, kannst du beim nahegelegenen Wals eine Damhirsch-Art sehen, die es nur hier gibt.
In Mesola angekommen, erwartet dich ein “übersichtliches” Städtchen mit einem imposanten Renaissance-Schloss, dem Castello di Mesola.
Das Schloss beherbergt ein Museum, indem du viel über die Flora und Fauna der Region erfahren kannst. Wenn du Hunger hast und zur richtigen Uhrzeit hier bist, dann kann ich dir das Lokal direkt gegenüber vom Schloss sehr empfehlen. Originell, wunderbare Küche und fairer Preis.
Solltest du auf romanische Baukunst und Fresken aus dieser Zeit stehen, dann fahr nicht bei der Abbazia di Pomposa, einer ehemaligen Abtei des Benediktiner-Ordens, vorbei, sondern plane hier eine Besichtigung ein.
Diese Bildgeschichten sind ein Traum – und falls ihr nicht in Mesola schon gegessen habt, dann nutzt hier die Chance, denn gut essen kann man gleich nebenan!
Sollte dir dieser Abstecher noch nicht reichen, so findest du zwischen Pomposa und Ravenna noch Comacchio – Das „kleine Venedig“ mit Kanälen, Brücken und einer malerischen Altstadt.
Ravenna: Mosaikpracht und Geschichte pur
Weiter geht’s nach Ravenna, nur eine gute Stunde und +/-70 km von Mesola berechnet. Ich sage dir, hier musst du unbedingt einen Stopp einlegen, falls du noch nie hier gewesen bist. Ravenna ist bekannt für seine atemberaubenden Mosaike, die du in Kirchen wie San Vitale oder dem Mausoleum von Galla Placidia bestaunen kannst.
Die Farben und Muster sind einfach unglaublich und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ich war bereits mehrfach hier (auch mit Übernachtungen), trotzdem habe ich noch lange nicht alles gesehen.
Wenn du Hunger hast, probier unbedingt Cappelletti, die kleinen, mit Käse gefüllten Teigtaschen in Form eines Hütchens oder eine Piadina Romagnola, ein gefülltes Fladenbrot, das typisch für diese Gegend ist.
Für mich gab es ein persönliches Highlight: Sepie in Umido con Piselli – das sehe ich nur ganz selten auf Speisekarten. Wie ihr außerdem sehen könnt, hatten wir so schönen (und guten) Cappuccino zum Frühstück, wie ich es fast noch nie bekommen habe. Alles in Ravenna!
Cesena: Kleine Stadt, große Bibliothek
Von Ravenna fährst du weiter nach Cesena, was du ganz leicht unter einer Stunde schaffen solltest, da es nur 40 km sind. Diese charmante Kleinstadt hat einen ganz besonderen Schatz: die Biblioteca Malatestiana, eine der ältesten Bibliotheken Europas. Der Lesesaal sieht aus wie aus einem anderen Jahrhundert – allein dafür lohnt sich der Halt. Auf dem Bild könnt ihr erahnen, wie groß das Gebäude ist!
Hast du mehr Zeit, dann mach einen Abstecher Richtung Bologna auf der SS9. Hier kannst du wählen zwischen Castel San Pietro Terme, Imola, Faenza und Forlì.
Jeder einzelne dieser tollen Orte eignet sich, um in Ruhe und ohne touristischen Trubel bei einem Cappuccino oder einem Gingerino das italienische Alltagsleben zu beobachten.
Bagno di Romagna: Heiße Quellen und Entspannung
Nach Cesena wird die Landschaft immer bergiger, denn du fährst in den Apennin hinein. In Bagno di Romagna (nur ca. 55 km und 3/4 Stunde) kannst du eine Pause einlegen und die heißen Thermalquellen genießen. Dieser Ort ist bekannt für seine Wellnessangebote, und ein kurzer Aufenthalt hier ist wie eine kleine Auszeit für Körper und Geist. Darüber hinaus ist es eines der schönsten Dörfer Italiens (Borgo più Bello d’Italia). Klein, aber fein, würde ich sagen.
Zwerge oder Gnomi findet ihr übrigens im ganzen Ortsgebiet.
Mein Tipp hier: Spart nicht bei der Hotelauswahl und lest euch unbedingt das Kleingedruckte durch. Wir haben leider ein winziges Detail übersehen und schon war es vorbei mit einem entspannenden Abend am Pool, denn der hatte geschlossen bei unserem Besuch 🙁
Città di Castello: Kunst und mittelalterliches Flair
Dein nächster Halt nach weiteren 60 km und ~3/4 Stunde ist Città di Castello in Umbrien. Die Stadt hat eine wunderschöne Altstadt mit schmalen Gassen, kleinen Plätzen und vielen Cafés.
Wenn du moderne Kunst magst, solltest du das Museum von Alberto Burri besuchen, einem der bedeutendsten modernen Künstler Italiens.
Außerdem habe ich hier den größten Flohmarkt ever, EVER besucht und ich musste mich sehr beherrschen, nicht zu viel zu kaufen. Zu meinem Glück war die Kapazität in meinem Auto begrenzt.
Ankunft in Amelia: Mittelalter pur
Nach einer landschaftlich beeindruckenden Fahrt durch Umbrien (ca. 1,5 Std. und 140 km) erreichst du Amelia, eine der ältesten Städte Italiens. Die Stadt liegt malerisch auf einem Hügel, umgeben von Olivenhainen und Weinbergen. Spaziere durch die mittelalterlichen Gassen, besuche die riesige Stadtmauer und die Kathedrale.
Amelia ist der perfekte Ort, um deine Reise ausklingen zu lassen. Setz dich in eine Trattoria, bestell ein Glas Montefalco-Wein und genieße die Ruhe.
Eine Reise, die bleibt!
Dieser Roadtrip von Tarvis nach Amelia war für mich nicht nur eine Reise durch Italien. Es war eine Reise, die ich
- einerseits im Zuge meines Gewinns des Premio ENIT Medienpreises in der Kategorie „Bester Travel Blog“ gemacht habe und
- andererseits meiner Mutter zu ihrem 80-er noch einmal die Schönheiten Italiens gezeigt habe, bevor sie es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schafft.
- On top war es noch ein Besuch bei einem Freund einer Geschäftspartnerin, mit dem ich seit 5 Jahren Kontakt hatte. Bedauerlicherweise hat die Pandemie ein Treffen immer weiter nach hinten geschoben, aber letztendlich klappt es, wenn man wirklich will.
Ihr seht, die Reise war ein Highlight, daher sind meine Erlebnisse diesmal noch persönlicher als sonst. Doch auch für dich – egal ob mit Kindern oder mit Senioren – ist diese Reise über ca. 700 km und reine Mindestfahrzeit 10 Stunden ein wirkliches Erlebnis.
Auch wenn wir bei diesem Roadtrip durch halb Italien von oben bis zur Mitte viel gesehen haben, es gibt Alternativen für die Heimreise. Falls du also noch einige Vorschläge für den Heimweg brauchst, dann denk an diese Städte: Orvieto, Perugia, Assisi und Gubbio kennt ihr bestimmt und vielleicht haben diese Städte schon einige von euch besucht.
Also habe ich abschließend noch ein paar Tipps, die ihr möglicherweise nicht spontan auswählen würdet:
=> Todi
Ein malerisches Städtchen auf einem Hügel, bekannt für seine mittelalterliche Atmosphäre und die beeindruckende Kirche Santa Maria della Consolazione. Der Panoramablick ist traumhaft!
=> Foligno
Eine lebendige, weniger touristische Stadt mit einer schönen Altstadt. Ich habe ein originelles Lokal entdeckt – perfekt für eine Pause und einen Blick auf den Dom.
=> Urbino
Wenn du die Hügel Umbriens und Marken weiter erkunden willst, ist Urbino ein fantastischer nächster Halt. Diese Stadt ist die Wiege der Renaissance und Heimat von Raffael.
Du fährst durch wechselnde Landschaften, von den Bergen über die Küste bis zu den sanften Hügeln Umbriens und wieder zurück. Du erlebst Geschichte, Kultur und Natur – und das alles, ohne es eilig zu haben. Also, worauf wartest du noch?
Tanti Saluti
Elena
Offenlegung:
Meinen Roadtrip durch halb Italien habe ich selbst finanziert und von keiner der genannten Städte, Sehenswürdigkeiten oder Lokale wurde ich beauftragt, darüber zu schreiben.
Hallo Elena, vielen Dank für diesen Reisebericht. Schön! Von der Stadt Comacchio hatte ich noch nie gehört. Ich habe dort in der nähe sogar Urlaub gemacht, aber ich kannte die Stadt nicht. Vor drei Jahren besuchten wir Chioccia mit einer Gruppe Italiener und sie nennen dieses Juwel auch „kleines Venedig“. Herzliche Grüße und jederzeit willkommen zu einem Glas Wein in der Villa Valetudine im malerischen Dorf Camino al Tagliamento, wo sich der Palast von Ermes di Colloredo befindet. Dieser Adlige ist der erste Schriftsteller/Dichter, der in friulanischer Sprache schreibt! Mandi, Mandi, Ad (Adriano).
Hallo Ad,
wenn du wieder einmal in der Gegend vom Po-Delta bist musst du unbedingt auch die kleine Stadt Comacchio besuchen. Es ist wirklich speziell dort.
In eurer schönen Villa Valetudine habe ich dich leider bei meinem Besuch nicht angetroffen, aber Sjaak hat mich sehr charmant herumgeführt. Vielleicht bin ich einmal in meiner 2. Heimat, wenn bei euch eine Veranstaltung ist. Ich komme gern wieder einmal zu euch, denn ich finde euren Gedanken mit der Stiftung ganz wunderbar! In meinem Hauptberuf arbeite ich auch “gegen die Einsamkeit”. In meinem Fall bei Senioren.
Also hoffentlich auf bald!
Liebe Grüße
Elena